[gnucash-de] Beerdigung des SKR3
Andreas Schenk
dr.andreas.schenk at gmx.net
Die Feb 1 15:47:41 EST 2005
Hallo Jens,
Am Dienstag, 1. Februar 2005 11:59 schrieb Jens Falk:
> Hallo,
>
> > Was nun? Jetzt habe ich keine Idee mehr, mit den Rahmenbedingungen von
> > GnuCash vernuenftig umzugehen. Damit kommen wir zurueck zu Deinem Ziel,
> > Christian: den "onlinefähigen privaten Finanzmanager". Alles andere
> > scheint ein groesseres Redesign zu erfordern. (Schade.)
>
> nach über einer Woche intensiver Arbeit mit GnuCash und den Versuch eine
> Anpassung an ein kleines Unternehmen vorzunehmen, muß ich dem leider
> zustimmen. Einige noch gar nicht auf der Liste erwähnte Probleme (ich habe
> zumindest nichts gefunden) ist eine eventuelle Betriebsprüfung ,
> Betriebsprüfer-Export (gemäß § 147 AO) und der Steuerberatungsexport
> (DATEV).
>
Diese Punkte sind mir nicht fremd. Ich kann jedenfalls bei dem aktuellen
Zustand der Anwendung niemandem anraten, GnuCash zur professionellen
Betriebsbuchhaltung zu verwenden. (Evtl. sollte ich sogar soweit gehen und
davon abraten?) Vielleicht wird sich die Anwendung niemals bis zu diesem
Punkt entwickeln. Bei meiner Beschäftigung mit dem SKR3 wollte ich nur einmal
austesten, wie weit man mit GnuCash kommt. Ich denke, daß eine ganze Reihe
von Grenzen aufgezeigt worden ist. Das ist immerhin der erste Schritt für
eine Weiterentwicklung. Die "Defizite" erklären sich (wie diskutiert) aus der
Entwicklungsgeschichte von GnuCash und meine Aussage soll kein abwertendes
Urteil sein -- vielmehr ein Ansporn.
Der Schritt in Richtung professionelle Buchhaltungssoftware hat ein paar
gewichtige Hürden:
Es gibt neben den GoB (Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung) auch noch die
GoSB (Grundsätze ordnungsgemäßer Speicherbuchführung), die bei der
Buchführung zu beachten sind. Ich kenne diese Grundsätze nicht, würde aber
erwarten, daß sie z.B. auch die nachträgliche Änderung von Belegen verbieten.
Bei GnuCash kann ich mit jedem Texteditor die Datei fälschen, unabhängig von
den Flags, die ein Ändern aus der Anwendung heraus verbieten --
wahrscheinlich ein absoluter Killer.
Sodann gibt es länderspezifische Besonderheiten. Eine Anwendung, die in
verschiedenen Ländern im professionellen Einsatz sein soll, muß die
jeweiligen Anforderungen an die Buchhaltung erfüllen. Um dies für jedes
"unterstützte" Land zu erreichen, muß die Anwendung wahrscheinlich
entsprechend Modular aufgebaut werden und umfangreiche Möglichkeiten der
Konfiguration bieten. Damit könnte man dann länderspezifische Varianten
anbieten, die sich in der Software nicht unterscheiden.
Das Risiko der 10 Jahre: Bestimmte Daten müssen 10 Jahre aufbewahrt werden.
Bei einem Open-Source Projekt besteht aber immer die Gefahr, daß es nach ein
oder zwei Jahren stirbt oder bei der Weiterentwicklung die
Rückwärtskompatibilität aufgibt. Dadurch könnte es zwangsweise zu einem
Datenverlust und / oder zu der einen oder anderen Verletzung gesetzlicher
Vorschriften kommen. Man muß sich also wahrscheinlich mit einem Hybridmodell
begnügen: man verwendet eine Open-Source Anwendung für die Buchführung,
exportiert die Daten aber regelmäßig an einen Profi, z.B. DATEV (wenn die so
etwas anbieten), zur Sicherung. Da dadurch ein standardisiertes
Austauschformat unterstützt wird (werden muß), könnte man mit möglicherweise
geringem Aufwand jeder Zeit auf eine andere Anwendung wechseln, und die Daten
vom Profi zurück in die neue Anwendung importieren. Ich kann mir im Moment
nicht vorstellen, daß man mit GnuCash je über so ein Hybridmodell
hinauskommen kann -- aber der Weg dahin ist noch weit. Ich denke, daß Du
diesen Punkt mit dem "Steuerberaterexport" meintest?
Diese Liste ist sicher nicht vollständig. Mal sehen, wohin die Reise geht....
Viele Grüße
Andreas Schenk