[gnucash-de] Kontenplaene, zum zweiten
Andreas Schenk
dr.andreas.schenk at gmx.net
Mon Jan 24 17:04:59 EST 2005
Hallo,
ich plane (nun sogar noch mehr) den Kontenplan SKR3 so aufzubereiten, dass er
als gute und brauchbare Vorlage in GnuCash verwendet werden kann. Bei der
Frage, wie ich die Daten strukturieren soll, habe ich mir zur Inspiration den
"angeblichen" SKR4 angesehen. Alles was ich von Buchhaltung und Bilanzierung
verstehe sagt mir nun, dass hier etwas voellig durcheinander geht. Daher
moechte ich hier zunaechst die Begriffe praezisieren. Danach (nach viel
Geduld bei der Lektuere) kommen meine Fragen dazu, wie ich mit dem SKR3
umgehen soll. Ich wuerde mich sehr ueber Anregungen freuen. Vielleicht kommt
dadurch etwas heraus, dass auch noch andere Leute verwenden koennen und
wollen.....
(1) Thema Begriffsverwirrung
Im GnuCash-Umfeld gehen die drei Begriffe (a) Bilanz, (b) Gewinn- und
Verlustrechnung (GuV) sowie (c) Kontenplan durcheinander. Das Durcheinander
wird besonders dadurch gefoerdert, dass das Programm die eigentlich voellig
getrennten Strukturen fuer Bilanz, GuV und Kontenplan zu einer Struktur
zusammenfasst. Im einzelnen sind
(a) Bilanz:
Eine Vorschrift im Paragraphen 266 des HGB verlangt eine bestimmte Gliederung
der Bilanz. Sie gilt (mindestens) mit bestimmten groessenabhaengigen
Erleichterungen fuer alle Kapitalgesellschaften. Sie ist voellig unabhaengig
von einem Kontenplan.
(b) GuV
Eine Vorschrift im Paragraphen 275 des HGB verlangt eine bestimmte Gliederung
der GuV. Alles unter (a) genannte gilt hier ebenso.
(c) Kontenplan
Kontenrahmen und Kontenplan dienen dazu, die Konten systematisch zu ordnen.
Die systematische Ordnung der Konten wird durch ihre einheitliche Gliederung
(Nummernsystematik) und Bezeichnung erreicht. (Anmerkung: ohne Nummern also
keine Kontensystematik)
Kontenrahmen enthalten dazu i.d.R. mehrere Kontenklassen. Die Klassen werden
durch eine (oder mehrere) fuehrende Stelle(n) der Kontonummern definiert. Und
genau hierin unterscheiden sich alle Kontenplaene, auch SKR3 und SKR4.
Im SKR3 gibt es die Klassen
0 Anlage und Kapitalkonten
1 Finanz- und Privatkonten
2 Abgrenzungskonten
3 Wareneingangs- und Bestandskonten
4 Betriebliche Aufwendungen
5 frei
6 frei
7 Bestaende an Eraeugnissen
8 Erloeskonten
9 Vortragskonten - Statistische Konten
Im SKR4 gibt es die Klassen
0 Anlagevermoegen
1 Umlaufvermoegen
2 Passiva
3 Passiva
4 Betriebliche Ertraege
5 Betriebliche Aufwendungen
6 Betriebliche Aufwendungen
7 weitere Ertraege und Aufwendungen
8 frei
9 Vortrags- und statistische Konten
Man erkennt den Unterschied: die Konten (deutlicher Kontonummern) sind im SKR3
nach den Betriebsablaeufen gegliedert (Prozessgliederung), die des SKR4 nach
den gesetzlichen Vorschriften der Gliederung von Bilanz und GuV.
Der Unterschied liegt hier lediglich in der Gliederung (Nummernsystematik). In
beiden Faellen gibt es fuer den Jahresabschluss eine Abbildung von Konten
(Kontonummern) auf die Positionen von Bilanz und GuV. Mit anderen Worten: den
Unterschied zwischen beiden Kontenplaenen sieht man nur, wenn man mit
Kontonummern arbeitet.
Beispiel:
Bilanzposition
Aktiva -> Umlaufvermoegen -> Vorraete -> Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
Im SKR3 werden dieser Bilanzposition die Konten 3970 - 3979 zugeordnet
(Kontenklasse 3 entsprechend Wareneingangs- und Bestandskonten), im SKR4 die
Konten 1000 - 1039 (Kontenklasse 1 entsprechend Umlaufvermoegen).
Die einzelnen Konten bedeuten dabei z.B.
SKR3:
3970 - 3979: Bezeichnung: Bestand Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
SKR4:
1000 - 1039 Bezeichnung: Roh-, Hilfs und Betriebsstoffe (Bestand)
Wie zu erwarten, sieht man anhand der Bezeichnungen keinen Unterschied und
keine Systematik. Nur die Nummern fuehren zu einer Systematik des
Kontenplanes. Davon getrennt zu betrachten (aber in GnuCash mit dem
Kontenplan zu einer Entitaet verschmolzen) ist die zu einem Kontenplan
gehoerende Bilanzstruktur (= Abbildung der Konten (Kontonummern) auf die
Bilanzpositionen).
Das war die Theorie.
(2) Thema Kontenplaene und Buchung in GnuCash
Wenn man einen Kontenplan in GnuCash ohne Kontonummern sondern nur mit
Bezeichnungen definiert -- wie im angeblichen SKR4 -- so hat man gar keinen
Kontenplan definiert, sondern ein Template, das auf alle Kontenplaene mit
gleicher Granularitaet passt. Daher meine Bezeichnung "angeblicher" SKR4. Ein
Unterschied kann sich lediglich in der Granularitaet ergeben.
Grossunternehmen werden z.B. nicht mit 4-stelligen Kontonummern auskommen, da
sie mehr als 10000 Konten haben. Sie haben dort eher 10-stellige
Kontonummern, aber genauso 10 Kontenklassen wie im SKR3 oder SKR4.
Falls jemand bis hier hin gelesen hat: nun kommen endlich meine Fragen:
(A) Ich wuerde GnuCash gerne so verwenden, dass ich beim Buchen Kontonummern
eingeben kann -- in ueblicher Buchhaltermanier. Dieser Wunsch wurde frueher
schon einmal in einer Liste geaeussert, ich weiss aber nicht, was der
aktuelle Stand ist. Daher die Frage: Kann man in GnuCash mit Kontonummern
buchen, wenn ja wie und ab welchem Release, oder kann man dies ab einem
absehbaren zukuenftigen Release?
(B) Wenn ich einen Kontenplan (z.B. SKR3) "linear" mit Kontonummern anlege,
kann man daraus Bilanz und GuV erzeugen, oder muessen die Konten dazu
zwangsweise in einer Hierarchie angelegt werden, wie im "angeblichen" SKR4?
Falls ein linearer Plan ausreicht, was muss ggf. getan werden, damit man
daraus Bilanz und GuV generieren kann? M.a.W. wo und wie sonst wird die
Abbildung der einzelnen Konten auf die Positionen von Bilanz und GuV
(Bilanzstruktur) hinterlegt?
(C) Falls der SKR3 nun doch in derselben Hierarchie angelegt werden muss, wie
der SKR4: Die Angabe z.B. im Kontobuch der 10 Konten (an das obige Beispiel
anknuepfend) waere dann:
Aktiva:Umlaufvermoegen:Vorraete:Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe:Bestand Roh-,
Hilfs- und Betriebsstoffe
Mit Verlaub: eine Katastrophe.
Zudem haetten alle 10 Konten im Intervall 3970 - 3979 dieselbe Bezeichnung....
(Nach diesem Muster ist jedenfalls der SKR4 aktuell angelegt.) Kann man die
Konten in GnuCash als Hierarchie anlegen, aber die Angabe des Kontos z.B. im
Kontobuch auf den Teil nach dem letzten Doppelpunkt einschraenken? Wenn ja,
wie?
(D) Wenn das alles nicht geht, scheint es mir im Moment am besten, die
Hierarchie folgendermassen anzulegen:
Fuer die Knoten der Hierarchie gelten folgende Bezeichnungen und
Beschreibungen (exemplarisch):
Bezeichnung A, Beschreibung Anlagevermoegen, eine Hierarchie darunter
Bezeichnung II, Beschreibung Sachanlagen, eine Hierarchie darunter
Bezeichnung 1, Beschreibung Grundstuecke und Bauten, eine Hierarchie darunter
die Konten
Unter der Hierarchie Aktiva.A.II.1 wuerde man beim SKR3 dann folgende Konten
finden (Kontonummer als Bezeichnung, "echte" Bezeichnung als Beschreibung):
0050 Grundstuecke, grundstuecksgleiche Rechte und Bauten einschliesslich der
Bauten auf fremden Grundstuecken
0060 Grundstuecke und grundstuecksgleiche Rechte ohne Bauten
0065 Unbebaute Grundstuecke
0070 Grundstuecksgleiche Rechte (Erbbaurecht, Dauerwohnrecht)
0075 Grundstuecke mit Substanzverzehr
usw., insgesammt wuerde man hier alle Konten in den Intervallen
0050 - 0078
0080 - 0119
0140 - 0149
0160 - 0179
0190 - 0194
finden. Das letzte Konto waere (zum Abschluss)
0194 Einrichtungen fuer Wohnbauten.
Die Angabe im Kontobuch waere
Aktiva:A:II:1:0194
Kurz und praegnant.
Immer noch eine Katastrophe? Teufel oder Belzebub?
Ich stelle das hier zur Disposition!
Man wuerde sogar die Kontonummern sehen, obwohl man die "echten" Kontonummern
beim Buchen gar nicht eingeben kann, weil man die Kontonummer als Bezeichnung
gewaehlt hat. Die Beschreibung wuerde immer noch sagen, was sich dahinter
verbirgt.
Das wuerde dann auch noch bei Wertpapieren funktionieren. Hier muss man ja
fuer jede WKN ein einzelnes Konto anlegen. So haette man dann z.B.
Aktiva:B:III:1:1349:BASF AG
fuer ein Konto fuer den Bestand an Aktien der BASF AG. Im Langtext:
Aktiva -> Umlaufvermoegen (B) -> Wertpapiere (III) -> sonstige Wertpapiere (1)
-> Wertpapieranlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition (Konto
1349) -> BASF AG (Unterkonto dieses Unternehmens dazu)
Noch besser waere natuerlich die Angabe (z.B. im Kontobuch)
1349:BASF AG
-- falls man das erreichen kann, unter korrekter Zuordnung zu der
entsprechenden Bilanzposition (vgl. Frage B)
Eine bessere Idee fuer den schlechtesten Fall habe ich bisher nicht.
Ich wuerde mich sehr ueber Kommentare und / oder bessere Vorschlaege freuen.
Viele Gruesse
Andreas Schenk
(P.S. Danke fuer die Geduld, manche Mails sind einfach lang.)