[gnucash-de] GoB

Christoph Franzen christoph at alte-pflasterei.de
Fr Aug 11 17:02:55 EDT 2017


Am Sat, 5 Aug 2017 10:10:25 +0200 schrieb Günter Resch
<reschgu at googlemail.com>:

Hallo,

da sich bisher niemand gemeldet hat:
(ist was lang geworden, daher der „praktische Teil, wie ich es mit
Gnucash angehen würde, zwischen den „===========================“.

> in verschiedenen Foren wird gewarnt, dass GNUCASH nicht die GoB
> erfüllt

Wo denn? Das würde ich auch schreiben, wenn ich eine Kommerz-Lösung
anzubieten hätte.

> und dass daher eine Bilanz etwa für eine UG nicht akzeptiert
> wird.

Wohl kaum. Woher weiß der Finanzbeamte, mit welchem Programm die
eingereichten Unterlagen erstellt worden sind?

> Anforderungen der GoB sind etwa, dass die Buchhaltung
> manipulationssicher sein muss ("Radieren" darf nicht möglich sein).

Ist es aber prinzipiell (fast) immer, wie Du schon schreibst.

> Beispiel: Eine Excel Tabelle ist manipulierbar; die Daten der meisten
> PC Buchhaltungen sind im Prinzip manipulierbar;

Bei „großen“ Lösungen ist eine Datenbank dahinter und da kann halt der
Datenbank-Administrator manipulieren; da braucht der Chef halt neben
dem Buchalter noch einen Komplizen.

„WISO Mein Büro“ setzt mein Bruder im Handwerksbetrieb ein und das wird
akzeptiert. OK, der hat eine Steuerberaterin, die das vielleicht
nochmal durch Datev wurschtelt, aber auch erst seit kurzem.

Der hatte mal einen Datenverlust und dabei ein paar Monate an Rechnungen
verloren, weil keine aktuelle Sicherheitskopie mehr da war.
(Teufelskreis: viel Arbeit -> Bürokram wird vernachlässigt -> im
Fehlerfall viel kaputt.)

Ich habe mir dann die Überreste angeschaut und gesehen, daß es sich um
eine Firebird-Datenbank handelte. Auf der Kommandozeile kommt man mit
einem Datenbank-Client einfach so rein und kann ALLES ändern, man muß
nur durchschauen, was wo steht, aber die Daten sind Klartext und die
Tabellen und Spalten haben keine irreführenden Namen.

Mag sein, daß manche Finanzbeamte und Richter sich davon blenden lassen,
daß die Eingabemaske des Programmes eine Storno-Buchung erzwingt und
argumentiert, solches Expertenwissen habe der durchschnittliche
Steuerpflichtige nicht, aber dem, der MICH zwingen will, ein
kostspieliges Kommerzprodukt einzusetzen, weil ich das ja angeblich
nicht manipulieren könne, lache ich ins Gesicht.

> eigentlich genügt
> nur eine externe, z.B.DATEV Buchhaltung streng genommen den GoB.

Ach ja?

> Allerdings werden wohl die meisten EDV-Buchhaltungen von der
> Finanzverwaltung akzeptiert.

Genau, in der Praxis wird eine Menge akzeptiert, Vorgehensweise: man
fragt nicht, sondern macht einfach. Wenn man lieber doch fragt, dann
schon gar nicht falsch: „Darf ich ein nicht manipulationssicheres
Programm benutzen?“ Dann schließt man je nach persönlichem
Kenntnisstand bis zu 98% der Software durch die zu erwartende Antwort
aus.

Wenn Du sichergehen willst:
===========================
Bei Gnucash kann man den Kontenrahmen-Einrichtungsassistenten zur
Erstinstallation verwenden. Da taucht eine Frage auf:
„Tagesgrenze für schreibgeschützte Buchungen (rote Linie):“, hier dann
einen von 0 verschiedenen Wert einsetzen, zum Beispiel 1; dann kann man
nur noch innerhalb eines Tages sofort Fehler korrigieren, ab dann nicht
mehr, ohne die XML-Datei selbst zu manipulieren, was ein normaler
Anwender nicht kann.

Bei „Konten wählen“ nimmst Du genau einen von den „Kontenrahmen“, die
anderen Kontenarten nicht, die sind als Kategorien für Privatpersonen
gedacht. Bei einer UG tippe ich mal auf SKR03 oder SKR04.

Nach diesen Einstellungen verhält sich Gnucash genau wie eine
kommerzielle Buchhaltung, indem es einen gängigen Kontenrahmen zur
Verfügung stellt und nach der eingestellten Anzahl von Tagen
Stornobuchungen erzwingt, anstatt einfache Änderungen zuzulassen.

Dann stellst Du in den Einstellungen ein, es solle die Logs und
Sicherheitskopien der Datenbank behalten (hohe Anzahl von Tagen, das
heißt hier >=13 Jahre oder besser gleich „Immer“).

Im letzteren Fall (also „Immer“) mußt Du halt irgendwann mal alte
Dateien auf ein externes Medium wegschaffen, das geht ja im Prinzip
automatisch, wenn man Sicherheitskopien des Verzeichnisses macht (mußt
Du ohnehin, sonst WIRST Du irgendwann Daten verlieren) und dabei die
Datenträger einfach NICHT überschreibt.

Mit diesen Aufzeichnungen kannst Du dann nachweisen, daß Du nicht
nachträglich manipuliert hast, Du könntest allenfalls zwischen einer
Datei und der nächsten was verändert, aber eben nicht am
Jahresende Deinen Steuerfall „zurechtoptimiert“ haben. Dafür kommt es
auch gut, wenn bei den Sicherheitskopien die Dateisystem-Zeitstempel
erhalten bleiben.

Wichtig: auch wenn Du Deine Datei nicht „schreibschützt“, also den
Parameter auf 0 läßt, NIE einfach „Altfehler“ korrigieren, die bereits
mal beim Finanzamt eingereicht worden waren. Das machst Du mit schön
dokumentierten Stornobuchungen, die Deine Bilanzen/EÜR nicht
verfälschen.
===========================

> Wie sind Eure Erfahrungen mit der Steuerverwaltung?

Die haben letztens einen CSV-Export, den ich in Libreoffice
(Tabellenkalkulation ähnlich Excel) geladen und dort um irrelevante
Buchungen „ausgedünnt“ und dann als PDF exportiert und eingereicht
habe, problemlos als Nachweis akzeptiert.

Mein Text dazu im Begleitschreiben:

„… sämtliche Bankgeschäfte elektronisch erledigt, existieren keine
Überweisungsbelege. Ersatzweise habe ich aus dem Bankprogramm einen
Ausdruck derjenigen Buchungen des Privatkontos angefertigt, die
steuerrelevant sind. Es sind Wertstellungsdatum, Verwendungszweck und
Betrag ersichtlich.“

Ich habe also darauf hingewiesen, daß es nicht alle Buchungen sind
(was ja in so einem Fall offensichtlich ist), ohne näher auf die
Entstehung des Dokumentes einzugehen und natürlich auch nicht den
Fehler gemacht, „nervige Fälle zurechtzubiegen“, beispielsweise,
wenn falsche Beträge überwiesen worden waren und man für 5
Rechnungen über drei Buchungen hinweg herumaddieren mußte, das habe ich
im Text dann erläutert und damit gleich die Zeitverzögerung bei der
Beantwortung entschuldigt.

Für eine andere Erklärung habe ich eine gefilterte Ansicht
ähnlich hergestellt, die wurde per Telefax/E-Mail bedenkenlos
als Nachweis akzeptiert.

Die sind in der Regel froh, wenn sie NICHT einfach 50 Seiten
Kontoauszüge auf den Tisch geklatscht kriegen.

Das waren jetzt also 2 Fälle, in denen normalerweise Kontoauszüge oder
Überweisungsbelege als Nachweis gefordert worden wären; ich kann mir
aber nicht vorstellen, daß eine EÜR oder Bilanz abgelehnt würde – die
unterscheiden sich bei Gnucash wenig von dem, was beispielsweise
Quickbooks produziert, das auch akzeptiert wird.

Solange alles glaubwürdig und in sich schlüssig ist, tun die Dir
nichts, höchstens dumm nachfragen, mehr Belege anfordern…; das mag aber
auch von der Branche und dem Bundesland abhängen. Hier ist NRW und das
bezog sich auf „Vermietung und Verpachtung“, sowie Anerkennung von
„Handwerkerleistungen“ meiner Brüder am Privathaus meiner Eltern.

Letzteres hat eher einen hohen „Argwohnfaktor“, weil es Geschäfte
innerhalb der Familie sind.

Wie dem auch sei, bei den Pfadfindern wollen wir jetzt von einem
veralteten Quickbooks mit SKR04 (braucht Windows 2000, scheitert
spätestens ab Vista) auf Gnucash mit SKR49 umsteigen. Ich habe keinen
Zweifel daran, daß das Finanzamt mitspielt, die werden allenfalls
erkennen, daß das nicht ganz genau so wie vor drei Jahren ausschaut und
falls es wider Erwarten doch anders kommt, werden sie sich mit dem
Falschen angelegt haben.

Schließlich gibt es auch auf dieser Liste Beiträge von Unternehmern,
aber niemand hat sich soweit mir bekannt je beklagt, das Finanzamt habe
ihm Gnucash verbieten wollen.

Garantieren kann Dir aber niemand irgendwas, außer daß Datev anerkannt
wird.

Man muß auch bedenken, daß die GoB zu Papierzeiten erfunden worden
sind, als Tinte, Kugelschreiber, Schreibmaschine „manipulationssicher“
waren und Bleistift eben nicht. Wenn man jetzt den Vertriebler fragt,
ob das mit der tollen neuen EDV auch gehe, schreit der sofort: „Klar
geht das!“ Dann macht der Programmierer halt ein Paßwort davor, das im
Klartext in $PROGRAMMBENUTZER.INI steht als Ersatz für den Tresor, in
dem das Hauptbuch gelagert wurde und einen Zähler, der bei
Altbuchungen den Bearbeiten-Knopf ausblendet. Schon sind alle
DAU-Entscheider (Politiker, Finanzbeamte, BFH-Richter,
Unternehmenschefs) zufrieden.

Viele Grüße, Christoph
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